Die Herrscher der Bronzezeit – Wandel der Eliten in Mitteldeutschland (4.4.–2.11.2014)
Die gesellschaftliche Elite in Mitteldeutschland wird um 1600 v. Chr. durch heftige Turbulenzen erschüttert. Nicht zufällig wird damals die Himmelsscheibe von Nebra vergraben. Die einst blühende Kultur der frühen Bronzezeit mit ihren mächtigen »Fürsten« und deren monumentalen Grabbauten geht zu Ende. Als Spitze der Gesellschaft etabliert sich eine neue Elite mit neuen Statussymbolen, die allerdings nicht mehr an das kulturelle Niveau der frühbronzezeitlichen Fürsten anknüpfen konnte. Die Sonderschau »Die Herrscher der Bronzezeit – Wandel der Eliten in Mitteldeutschland« zeichnet diese etwa 200 Jahre währende Zeit des Übergangs von der frühen zur mittleren Bronzezeit nach.
Status und Macht in der Frühbronzezeit

Nirgendwo sonst wird der Wandel der Eliten um 1600 v. Chr. anhand archäologischer Befunde so deutlich wie in der Region im Umkreis von 30 bis 40 km um Nebra. Zu sehen sind in der Sonderschau die reichen Beigabenensembles der sogenannten Fürstengräber von Leubingen und Helmsdorf sowie der Hortfund von Dieskau. Goldobjekte wie Armringe, Nadeln und anderer Schmuck so-wie Bronzegegenstände wie Stabdolche, Beile, Meißel u.ä. sind – teils im Original, teils als Repliken – erstmals komplett im Zusammenhang ausgestellt. Sie sind Belege der blühenden Aunjetitzer Kultur des ersten Abschnittes des Metallzeitalters in Mitteldeutschland.

Während dieser Zeit perfektionierte man die Bronzeverarbeitung und organisierte weiträumigen Handel sowohl mit Rohstoffen als auch mit Fertigprodukten. Da die Metallherstellung und -distribution sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Kompetenzen erforderte, führte dies zu einer stärkeren Differenzierung der Gesellschaft. An der Spitze bildete sich eine profitierende Oberschicht heraus, die in den »Fürstengräbern« archäologisch fassbar wird. Besonderer Höhepunkt der Sonderschau und wichtiger Beleg für den Umfang des weiträumigen Handels in der frühen Bronzezeit, der die Grundlage des Reichtums der Fürsten bildete, ist der bayerische Hortfund von Aschering. Die Archäologische Staatssammlung München hat diesen umfangreichen Hort, bestehend aus über hundert Ösenhalsringen, großzügig als Leihgabe zur Verfügung gestellt.
Vom Fürstengrab zum »Schwertadel« – Wandel der Eliten
In der Zeit um 1600 v. Chr. scheint sich die gesellschaftliche Spitze neu zu orientieren. Gold als Statusanzeiger fehlt jetzt weitgehend in den Gräbern. Neues Statussymbol wird das Schwert. In der Sonderschau sind eine Reihe von Schwertklingen aus Männergräbern zu sehen, die genau in diese Zeit des Übergangs gehören und den neuen »Schwertadel« kennzeichnen. An der gesellschaftlichen Basis scheinen dagegen keine gravierenden Änderungen stattgefunden zu haben: Das Siedelgeschehen besteht weitgehend unverändert fort. Auch die Siedlungskeramik verändert sich nur ganz allmählich hin zu einem neuen Formenspektrum. Auf der Ebene des gesellschaftlichen und religiösen Überbaus ändert sich jedoch einiges: So wird die Jahrhunderte alte Grabsitte der geschlechtsunspezifischen Hockerbestattung ab dem 17. Jh. v. Chr. allmählich aufgegeben. Zudem verliert die Hortfundsitte stark an Bedeutung. Vor allem aber scheint die wirtschaftliche Grundlage für die Herrschaft der »Fürsten« verloren gegangen zu sein. Der Grund dafür mag im Zusammenbruch des Metallhandels mit Nordeuropa gelegen haben, von dem die »Fürsten« erheblich profitiert hatten.
Wem gehörte die Himmelsscheibe?
Die Himmelsscheibe von Nebra wird genau an diesem Wendepunkt um 1600 v. Chr., am Ende der Frühbronzezeit, niedergelegt. Sie scheint mit ihren fünf Umgestaltungen den Prozess des Wandels nachzuvollziehen. Bereits früh wurde die Himmelsscheibe von Nebra mit den nahen »Fürstengräbern«, insbesondere mit Leubingen, in Verbindung gebracht. Gleichzeitig wurde die Himmelsscheibe der alten »Fürstenzeit« zusammen mit zwei Schwertern vergraben – den Statussymbolen der neuen Zeit des »Schwertadels«. Anhand neuer archäologischer Funde, die in den vergangenen Jahren zutage gefördert wurden, kann nun der gesamte kulturgeschichtliche Hintergrund der Region um Nebra besser beleuchtet werden. So erklärt sich auch, wieso ein so herausragendes Objekt wie die Himmelsscheibe ausgerechnet in dieser Region auftritt.
Die Idee zur Sonderschau stammt von Dr. Bernd Zich, dem Abteilungsleiter des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle, der auf der Grundlage seiner eigenen Forschungen u.a. der Frage nach möglichen Besitzern der Himmelsscheibe nachgeht. Die Sonderschau wurde wissenschaftlich begleitet durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, das auch die überwiegende Zahl der originalen Funde und Repliken als Leihgaben zur Verfügung gestellt hat. Weitere Leihgeber sind die Regionalgeschichtlichen Sammlungen Eisleben, das Städtische Museum Halberstadt, die Ur- und frühgeschichtliche Sammlung der Friedrich-Schiller-Universität Jena, das Kulturhistorische Museum Magdeburg und die Archäologische Staatssammlung München.
Eine Ausstellung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt/Landesmuseum für Vorgeschichte und der Arche Nebra

